Samstag, 31. August 2013

Incredible North of India

Incredible God of India
Jonathan:
Indien ist ein Land der Extremen. 
Auf dieses Land muss man sich gut vorbereiten es ist einfach so anders als die Heimat und anders als alles was wir bis jetzt erlebt haben.
Der Flughafen in Delhi ist wie jeder andere Flughafen schön sauber viele Leute die auf ihren Flug warten, oder zu ihrem Flug eilen, oder verwirrt drein schauen weil sie nicht wissen wohin es jetzt gehen soll. Zur letzteren Gruppe gehören wir. Man hat uns gewarnt wir werden schockiert sein wenn wir in Delhi ankommen. Noch war alles im grünen Bereich. Die nagelneue klimatisierte U- Bahn brachte uns ins Zentrum und da fängt Delhi für uns an: Extreme schwüle Hitze. Man glaubt gar nicht, dass das wirklich die Temperatur ist und das es nicht kälter wird. Aber so ist es. 
Aus dem Bahnhofsgelände draußen wurden wir gleich von unzähligen Rikscha, - Tuktuk,- und Taxifahrern angefallen, die uns ihre Dienste anbieten wollten. Einfach Ignorieren, sonst werden sie nur noch penetranter. Sie stellen sich extra in den Weg sie laufen uns nach sie halten uns fest.... aber wir wollten gehen wir wussten es ist nicht weit. 
Bis wir dann einen Schlafplatz hatten, war dann doch viel Zeit vergangen. Wir flüchteten in ein etwas nobleres Hostel. Umgerechnet 10 € ist verhältnismäßig teuer für Indien aber wir wussten nichts besseres. Im Hostel angekommen fingen wir gleich an Pläne für die Flucht aus Delhi zu schmieden und  so geschah es, dass wir am nächsten Abend zum Bahnhof gingen und mit dem Zug aufs Land hinaus fuhren auf eine kleine Farm. Irgendwie war ich trotzdem interessiert in die Stadt und die Leute und so gingen wir zu Fuß zum Bahnhof durch die engen Gassen und Straßen. Vorbei an elender Armut und an riesigen historischen Gebäuden zum Bahnhof. 
Zug fahren ist ein Erlebnis für sich. Man sollte es auf jeden Fall gemacht haben wenn man nach Indien fährt.
Ein Erlebnis wert - Zugfahren in Indien / Sleeperclass
An die Armut in diesem Land kann ich mich nicht gewöhnen man muss es einfach hinnehmen. Die Kinder betteln, die Menschen legen sich einfach irgendwo hin und schlafen, jede Ecke ist eine öffentliche Toilette, überall Tiere von der Kuh bis zur Ratte... In Haldwani, die Stadt nahe unserer Farm, kamen wir um 4 Uhr in der Früh an wir mussten warten bis es hell ist. Wir konnten beobachten, wie die Stadt langsam aufwacht. Auf dem Weg zum Bus fanden wir einen Menschen, der irgendwie seltsam schlief. Mitten auf der Straße und irgendwie in einer komischen Position. Als ich etwas näher hin ging sah ich die Blutlake in der sein Kopf lag. Er war wohl tot. Niemand kümmert sich um ihn. Das ist wohl keine Seltenheit in Indien. Auch wir gingen weiter. Die Farm war entspannend. Wir mussten keinen Finger rühren selbst wenn wir arbeiten wollten. Nein nein relax, relax!
Die Woche verging schnell. Entspannt starteten wir wieder unsere Odyssee durch Indiens Norden. 
Wir bis nach Leh in Ladakh, ganz im Norden Indiens, nahe der Grenze zu Tibet, fuhren wir drei Tage mit Zug und Bus. Die Straße führte über den zweit höchsten Pass der Welt.

2. höchst befahrbare Pass der Welt
Eine Abenteuerliche, aber traumhafte Strecke. Eine Spitzenherausforderung für Radl-fahrer! Leh ist sehr touristisch, aber trotzdem schön. Hier verbrachten wir den Großteil unserer Indien Zeit. Wir hausten bei einer netten Familie am Stadtrand. Wir gingen Wandern und wir waren Rafting am Zanskar. Eine spaßige aber kühle Abwechslung. Wir wollten eigentlich über Jammu und Kaschmir nach Amritsar. Die Region liegt an der Grenze zu Pakistan und so passiert es immer wieder, dass Spannungen auftreten und die Region unsicher, oder gar gesperrt wird. Und so war es auch als wir dort hin unterwegs waren. In Jammu ist alles gesperrt. Ausgangssperre, und Straßenblockaden veranlassten uns dazu wieder zurück nach Leh zu fahren und die gleiche Strecke mit dem Bus zurück nach Manali. Von dort ging es weiter nach Dharamsala. Wie der Zufall es so wollte, nutzten wir die Gelegenheit, seine Heiligkeit, den Dalai Lama in seiner Residenz bei einem Teaching zu zuhören. Sehr interessant und lehrreiche Erfahrungen gab er uns mit auf die Reise.
Auf dem Weg nach Nepal fuhren wir noch nach Varanasi. Eine historische uralte Stadt angeblich die älteste durchgehend bewohnte Stadt der Welt. Eine sehr indische Stadt. Varanasi liegt am Ganges. Hier ist es wo die bekannten Bestattungen statt finden. Für Hindus sind die Ufer des Ganges der heiligste Ort. Wer hier bestattet wird kann dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburt entkommen und direkt in den Himmel kommen. So werden hier unzählige Leichen verbrannt und deren Asche im Fluss verstreut. Außer Priester und Kinder, die sind zu heilig, die werden nicht verbrannt. Sie werden mit einem Stein in der Mitte des Flusses versenkt.
Abkühlen im Ganges ist hier also keine gute Idee.
Leider hat der Monsun Indien hart getroffen und das Wasser das in den Bergen Katastrophale Schäden mit tausenden Toten angerichtet hat war auf dem Weg zum Meer gerade in Varanasi. Die Häuser nahe am Fluss und die berühmten Ghats standen alle unter Wasser. Wir konnten nicht viel sehen. Viel Regen, viel Wasser und extrem viel Dreck. Das ist unser Eindruck von Varanasi. Aber ich bin sicher es ist eine schöne Stadt wenn man zur rechten Zeit dort ist. Wir waren es nicht.

Verzweifelte Inder an ihrem heiligen, überfluteten Fluss
Also fuhren wir gleich weiter nach Nepal. Indien in nur einem Monat kennen zu lernen ist meiner Meinung nach nicht möglich - das Land ist zu vielfältig, zu groß. Es ist faszinierend, schockierend, schön, ekelhaft und spannend. Für Indien braucht man auf jeden Fall eine dicke Haut.

Die Affen tanzen durch den Wald, die Stadt und überall...
Manu:
India. Incredible India - mit diesen diesem Slogan wird überall geworben.
 Auf unserer Reise sind wir immer wieder ärmlichen Verhältnissen begegnet, haben oft nicht in säubersten Verhältnissen gehaust und wussten zumindest soviel von Indien - viele Menschen, Krankheiten und Armut wird uns erwarten. So also dachte ich, wäre ich doch nicht ganz so unvorbereitet, als würde ich direkt von Österreich zum ersten Mal nach Asien und Indien kommen.
Und doch hat es mich umgehauen.
Und doch hat mich der Kulturschock mit Haut und Haar gänzlich erwischt.
Kaum aus der modernen Metro, der Illusion in einer sauberen geregelten Stadt angekommen zu sein, beim Main Bazaar auszusteigen, haut einen wahrlich um: der starke Gestank, die schwüle Hitze, die tausenden Menschen, Tiere überall, das Gehupe, Geschrei, Anbetteln, Anheuern, Fliegen auf dem Essen und der unglaublich viele Dreck... Eindrücke, Einflüsse von überall lassen Körper und Geist so richtig durchschütteln.

Fleisch und Milch mit Pappkarton-Plastikgeschmack??
Wo sind wir hier gelandet?
Von der unberührten schönen Natur Kyrgyzstan mitten am Main Bazaar in Delhi angekommen.
Wo sollen wir hin?
Als Reisender von Land zu Land sind wir nunmal nicht so gut vorbereitet, wie manch Tourist der oft schon Monate voraus die Reise plant...
Die Flucht in ein (für Indien) überteuertes Hostel gab mir zumindest ein wenig Schutz, wollte ich doch am gleichen Tag eigentlich gar nicht mehr raus.
Mein einziger Gedanke war: ich muss hier so bald wie möglich weg! Gut, dass wir schon im voraus eine Farm im Norden gefunden haben, zu der wir uns zurückziehen und akklimatisieren können.
Aus Not ein völlig überteuertes Zugticket gekauft, einen Tag (hauptsächlich im Hostel) in Delhi und eine Nacht in der Sleeper Class später, kamen wir frühmorgens in Haldwani an - mussten vorbei am leeren Bazaar durch dreckige Straßen, Menschen die einfach am Straßenrand schlafen, gaffen oder rumspucken, Affen die durch die Stadt tollen und einem toten Menschen mitten auf der Straße liegend, sowie eine Busfahrt später sind wir endlich in der Natur und abgelegenen Farm angekommen.
Und wie hab ich es genossen, einfach mal nichts zu tun um mich an die Schwüle, den Monsun, die Eindrücke und an Indien zu gewöhnen.

Unsere Farm-Oase
Eines hat mir an Indien allerdings vom ersten Augenblick gefallen: das Essen (allerdings nicht von der Straße) - hauptsächlich vegetarisch - ist unglaublich lecker.
Wir denken gar nicht mehr daran Fleisch zu essen - so widerlich ist die Haltung der Tiere, die Zubereitung und die Lagerung -.-
August ist die ideale Zeit um den Norden von Indien, genauer gesagt Ladakh zu besuchen. Hier auf rund 3500hm ist zu dieser Zeit anders als im restlichen Indien kein Monsun und die Temperaturen angenehm. Ladakh bietet alles für Touristen. Langweilig wird einem bestimmt nicht: Bergsteigen und Wanderrouten von einer Stunde bis zu Monaten, Rafting, Canoying, Pferdereiten, Mountainbiken auf den angeblich höchst befahrbaren Pass der Welt, Motorradfahren auf einer der gefährlichsten, höchsten und schönsten Straße der Welt etc etc...
Stundenlang fahren wir mit dem Localbus von Manali nach Keylong (7 Stunden) und am nächsten Tag 14 Stunden nach Leh - der einzige Weg nach Ladakh, wenn in Kashmir die Straßen gesperrt werden, weil es Probleme zwischen Indern und Pakistanis gibt.
Zwecks Höhenakklimatisierung ist es besser in Keylong zu stoppen, da Leh auf über 3000hm liegt und die Straße teilweise auf 5300m geht - die Touristenjeeps achten leider nicht darauf. Und auch wir bekommen Auswirkungen einer Höhenkrankheit zu spüren, obwohl wir doch ganz gut akklimatisiert waren...
Hunderte Buse, LKW's, Jeeps und Motorräder quälen sich rauf und runter, schlängeln sich durch abgelegene Täler und durch eine wunderschöne atemberaubende Landschaft. Ungefährlich ist die Straße nicht - durch Regenfälle kommt es immer wieder zu Erdrutschen - hunderte Arbeiter schlafen und leben in der Saison neben der Straße um für fast nichts die Strecke frei zu halten. Ich bin dankbar für diese Helferlein, die es möglich machen diese unglaublich irre Strecke zu befahren.
Ladakh ist anders als das restliche Indien: der buddhistische Einfluss ist hier deutlich zu spüren, es ist sauberer und die Inder sind hier eher in der Unterzahl: Viele Tibeter, Nepalesen und Touristen lockern hier die indische Bevölkerung etwas auf.

Die härtesten Arbeiter der Welt
In Dharmasala oder eigentlich McLeod Ganj, dem eigentlichen Wohnort von Dalai Lama - einem kleinen Dörfchen am Hügel mit Blick auf das Flachland Indien's - lernen wir die Glaubensgemeinschaft der Israelis kennen indem wir an ihrer Sabbat Feier teilnehmen dürfen, bekommen die stets positive, fröhliche Ausstrahlung seiner Heiligkeit zu spüren und lernen über die Geschichte und Schicksal Tibets.
Doch dann die Fahrt nach Varanasi, der heiligen Stadt Indiens - äußerst anstrengend. Insgesamt ca 30 Stunden haben wir gebraucht, nur um dann enttäuscht feststellen zu können, dass die Stadt überflutet und deshalb unmöglich zu erkunden ist. Nachdem das grausige Gangeswasser, in welches ich nicht mal eine Zehe reinstecken möchte (es sollen ums tausendfache mehr Kolibakterien als in jedem normalen Flusswasser darin herumschwimmen) bis weit in die Stadt reingeqillt ist und Leichen an mir vorbeigetragen wurden, um diese zum Verbrennungsghat zu bringen (was zu unserer Zeit nicht möglich war) und die Inder ihre heiligen Rituale nicht durchführen konnten, fingen mir an die Tränen herunter zu rollen und ich fragte mich: Wieso sind wir aus der 1.Welt so sensationsgeil um hierher zu kommen und uns dieses Elend und diese Rituale mit anzusehen? Warum kommen Menschen hierher um Urlaub zu machen?
Ich war so froh, endlich nach Nepal flüchten zu können wo auf uns 10 Tage Vipassana Meditation mitten in der Natur warteten. Ich konnte es gar nicht erwarten - und doch kam noch eine Zugverspätung dazu, die dazu führte, dass wir quasi erst in letzter Minute Pokhara in Nepal erreichten...
Incredible India....ich weiß nicht, ob ich Indien völlig abschreibe und nie wieder kommen möchte.  Vielleicht waren wir nur zur falschen Zeit am falschen Ort (mit Ausnahme Ladakh). Dennoch gibt es so viel wunderschöne Fleckchen auf dieser Welt, die ich noch nicht gesehen habe - im Nachhinein ist es gut, Indien erlebt zu haben und mir ein Bild gemacht zu haben. Ich bin sicher, dass ich einiges von diesem Land gelernt habe - vor allem weiß ich mein Heimatland und unser Sozial- und Gesundheitssystem immer mehr zu schätzen...